Feri: Binnennachfrage treibt Wachstum in Eurozone weiter

  • Axel D. Angermann
  • Chef-Volkswirt der FERI Gruppe

BAD HOMBURG – Das Wachstum in der Eurozone hält weiter an und wird vor allem von der Binnennachfrage getragen, so Axel Angermann, Chef-Volkswirt der Feri Gruppe. Er erwartet, dass die Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte wieder mehr Dynamik gewinnt, schließt einen Rückgang der Wachstumsraten mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 % jedoch nicht aus.


Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung des Emittenten:

  • Schwächeres Wachstum in der ersten Jahreshälfte
  • Indikatoren zeigen Stabilisierung der Konjunktur im Jahresverlauf an
  • Schwelende Handelskonflikte trüben die weiteren Aussichten ein

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Euroraum ist im zweiten Quartal des Jahres um 0,3 Prozent gestiegen. Spitzenreiter ist weiterhin Spanien mit einem Plus von 0,6 Prozent, dessen Wirtschaft nun schon das vierte Jahr in Folge stärker wächst als der Durchschnitt der Länder im Euroraum. Mit nur 0,2 Prozent fiel das Wachstum in Italien erwartungsgemäß und in Frankreich überraschend schwach aus. Der noch nicht veröffentlichte Wachstumswert für Deutschland dürfte bei etwa 0,5 Prozent liegen. Die aktuellen Konjunkturdaten signalisieren zweierlei: Erstens bleibt der Euroraum weiterhin auf einem soliden Wachstumskurs. Die Befürchtung, der Aufschwung könne vorbei sein, hat sich nicht bestätigt. Zweitens bläst dem Euroraum starker Gegenwind aus dem Ausland ins Gesicht, und auch die innereuropäischen Probleme machen sich bemerkbar. Trotz dieser Belastungsfaktoren und der schwächeren Wachstumsdynamik im ersten Halbjahr 2018 dürfte sich die Konjunktur im weiteren Verlauf des Jahres stabilisieren. Der Einkaufsmanagerindex in der Industrie hat sich nach sechsmaligem Rückgang in Folge im Juli leicht verbessert, während der Wert für den Dienstleistungsbereich leicht zurückging. Beide Indizes liegen weiterhin deutlich über der 50-Punkte-Marke und zeigen damit weiteres Wachstum an. Auch die Industrieproduktion hat sich seit dem Tief im Februar erholt. Positiv waren die jüngsten Daten zu den Einzelhandelsumsätzen, den Autoverkäufen und auch zum Umsatz im Dienstleistungssektor. Damit wird deutlich, dass die Konjunktur in der Eurozone vor allem von der Binnennachfrage getragen wird. Niedrige Zinsen, eine nicht-restriktive Fiskalpolitik und vor allem die tendenziell rückläufige Arbeitslosigkeit geben dem privaten Konsum und den Investitionen positive Impulse. Dass die Arbeitslosenquote noch immer mehr als einen Prozentpunkt höher als im Jahr 2008 liegt, ist aus konjunktureller Sicht ein positiver Faktor, weil hier offenbar Spielraum für weitere Beschäftigungsgewinne besteht. All dies lässt erwarten, dass die Wirtschaft im Euroraum in der zweiten Jahreshälfte wieder mit etwas höherer Dynamik zulegt.

Gegenwind kommt aus dem Ausland

Ein Plus von 2,6 Prozent wie im Vorjahr wird dabei jedoch nicht noch einmal erreicht, denn dieses Wachstum ergab sich offenbar durch eine Kombination mehrerer günstiger Umstände und war deshalb nicht von Dauer. Insbesondere das außenwirtschaftliche Umfeld hat sich spürbar eingetrübt. Zwar scheint der Handelsstreit der EU mit den USA vorerst entschärft worden zu sein, aber es fehlt eine tragfähige Vereinbarung, die mittel- bis langfristig Stabilität verspricht, und vom Handelskonflikt zwischen den USA und China gehen weiterhin erhebliche Gefahren für den Welthandel und damit auch für Europa aus. Eine Belastung für die Konjunktur im Euroraum sind außerdem die ungelösten Modalitäten des EU-Austritts Großbritanniens und die Absichten der italienischen Regierung mit Blick auf die Haushaltspolitik. Wenn aus diesen Faktoren eine nachhaltige Verunsicherung der Investoren resultiert, könnte dies auch die Stimmung der Konsumenten beeinträchtigen und damit die Binnennachfrage schwächen. In diesem Fall, dessen Wahrscheinlichkeit wir derzeit auf 25% schätzen, müsste mit einer anhaltend schwachen Wachstumsdynamik oder gar einem weiteren Rückgang der Wachstumsraten gerechnet werden.

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